Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Donnerstag, 28.01.2011

Fell tragen und Feuer machen

Suttner-Schüler lernen während der Projektwoche das Leben in der Steinzeit kennen

Funken sprühen, der Zunder qualmt. Ein bisschen pusten, und schon schießt die erste Flamme aus dem Kleinholz hervor. Die Kunst des Feuermachens ist heute zwar kein Wunder mehr, trotzdem ist es faszinierend, was mit Steinen und etwas brennbarem Material angefangen werden kann. Vor mehreren hunderttausend Jahren war das Beherrschen dieser Kunst weitaus bedeutsamer, sogar lebenswichtig. Um die Sippe vor der Kälte zu schützen und die erjagten Tiere schmackhaft und haltbar zuzubereiten, mussten die Vorfahren des Homo sapiens Feuer machen können.

Mit dem Thema Steinzeit beschäftigten sich die Schüler der Klassen 5a und 5g während der Projektwoche an der Bertha-von-Suttner-Schule intensiv. Angefangen beim Herstellen von Naturfarben bis zum Rekonstruieren von steinzeitlichen Behausungen. Einen besonderen Tag erlebten die rund 50 Fünftklässler dabei mit Holger Rittweger. Der Geograph und Archäologe baute in der Aula sein Mobiles Landschaftsmuseum (MOLAMU) auf. Knochen von Tieren, Fell, Holz, Bücher, Schautafeln und Utensilien wie Katzengold-Brocken und getrockneten Baumpilz hatte er im Gepäck.

Rittweger verteilte alles Nötige für ein Steinzeitfeuerzeug auf dem Boden in der Mitte der Aula und legte los. Das schwefel- und eisenhaltige Katzengold erzeugte beim Aufeinanderschlagen Funken. Die Augen der Schüler wurden groß, als der Abrieb des Baumpilzes, auch Zunderschwamm genannt, auf einmal rauchte.

FEUERMACHEN geht auch ohne Streichholz. Wie es mit Katzengold, Baumpilz und kleinen Hölzern funktioniert, demonstrierte Holger Rittweger während der Projektwoche der Suttner-Schule.
Foto: Jaworr


Im Freien entflammte Rittweger damit dann ein Feuer, um das sich die Schüler versammelten und ihr Frühstück genossen - fast genauso wie ihre Vorfahren, nur ohne zuvor ein Mammut erlegen zu müssen. "Das ist klasse, Geschichte zum Anfassen", meinte Lehrerin Ina Lack, die zusammen mit Susanne Gröger das Projekt für die Fünftklässer leitete.

Mit dem Landschaftsmuseum ist Holger Rittweger seit elf Jahren in ganz Deutschland unterwegs. Die Idee hinter der transportablen Bildungseinrichtung ist ganz simpel. "Wer in den Spuren zu lesen weiß, für den ist jede Landschaft ein Museum", sagt Rittweger. Kern der Idee sei, dass man nicht in ein Museum gehen müsse, sondern Geschichte quasi direkt vor der Haustür entdecken könne.

Einen besonderen Schwerpunkt der Arbeit des MOLAMU bildet die experimentelle Archäologie, vor allem Veranstaltungen zu den Themen Alt-, Mittel- und Jungsteinzeit, mit dem Ziel, vor Ort möglichst authentische Bedingungen zu schaffen, um Urgeschichte greif- und erlebbar zu machen. So durften die Suttner-Schüler nicht nur zuschauen, wie man ohne moderne Hilfsmittel ein Feuer anzünden kann, sondern es selbst ausprobieren. "Das ist nämlich gar nicht so leicht, viel Übung ist nötig", meinte Rittweger.

Feuermachen war aber nicht die einzige Übung, um das Leben in der Steinzeit besser verstehen zu können. Speerwurf und Bogenschießen gehörten ebenso zum Tagesprogramm wie die Vermittlung von Hintergrundwissen per Steinzeit-Quiz. Die Schüler erfuhren beispielsweise, dass ein ausgewachsener Mammut-Bulle ähnlich wie sein afrikanischer Nachkomme eine Schulterhöhe von 3,80 Metern hatte.

"Wir haben vorhin aus Holzkohle und etwas Öl Kriegsbemalungs-Farbe für unsere Sippe hergestellt", berichtete Feyhan Tunc, dessen Wangen zwei tiefschwarze Striche schmückten. Mit etwas Seife gehe die wieder ab, versicherte er.

Auch eine Steinzeit-Modenschau mit Neandertaler-Haute-Couture veranstalteten die Fünftklässler. "Die Fell-Klamotten sind aber nicht so komfortabel und jucken ein bisschen", stellte Niko Kremzer fest. Klassenkamerad Kaenan Gürdal ergänzte aber: "Die Sachen sind sehr warm. Wenn es nochmal so kalt wird, wie vor ein paar Wochen, wären die schon praktisch."

Bericht: Timo Jaworr

Quelle: Freitagsanzeiger vom 28.01.2011