Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Mittwoch, 26.05.2010

Alle gegen einen - und keiner hilft

Mobbing: Das Theaterhaus Frankfurt gastiert mit "Nennen wir ihn Anna" an der Suttner-Schule Mörfelden-Walldorf

Anders kommt als Letzter an im Ferienlager. Er heißt nicht nur so, er ist auch anders: schüchtern und klein. Er mag klassische Musik. Sportlich ist er nicht. Und auch sonst sieht er nicht aus wie der Torwart, den die Jungs in seiner Gruppe sich gewünscht haben. Die Hackordnung ist schnell klar - und aus Anders wird Anna. Von Beginn an wird Anna erniedrigt und gequält. Anna hat Angst und wehrt sich nicht, schließlich ist er auch zu Hause von seinem Vater nichts anderes gewohnt.

Micke, der Trainingsleiter, erkennt Annas Leiden und stellt sich neben ihn. Doch eines Nachts erwischen die anderen Jungs Anna alleine und prügeln ihn solange, bis er ins Krankenhaus muss. Nach den Ferien setzt sich die Geschichte in der Schule und zuhause fort. Anna wird in der Schule weiter gequält, und der Vater schlägt weiter wahlweise die Mutter oder den Sohn. Zwar will Micke helfen, ist aber im entscheidenden Moment selbst überfordert und nicht da, als Anna ihn braucht. Am Ende hält der schüchterne Junge es nicht mehr aus und bringt sich um.
Der Junge Anders (Mitte) wird von seinen
Klassenkameraden hämisch Anna genannt und
drangsaliert. Das Theaterhaus Frankfurt zeigte am
Dienstag an der Bertha-von-Suttner-Schule
Mörfelden-Walldorf ein Stück zum Thema Mobbing.
Foto: Anette Keim


Soweit die Handlung des Theaterstücks "Nennen wir ihn Anna". Die Schauspieltruppe des Theaterhauses Frankfurt führte das bewegende Stück am Dienstag vor der kompletten Jahrgangsstufe sieben, also vor über 200 Schülern der Bertha-von-Suttner-Schule Mörfelden-Walldorf auf.

Anfangs gab es noch einige Lacher aus den Zuschauerreihen bei den ersten bösen Sprüchen auf der Bühne, teilweise auch noch bei den ersten Rangeleien. Gegen Ende des Stücks aber verstummten die Schüler und schauten mit ernsten Mienen dem Geschehen zu.

Geschickt wechselten die Schauspieler mithilfe einfachster Requisiten, wie etwa einer Handtasche oder einer Brille, die Rollen vom Schüler zur Mutter oder zum Lehrer. Alle waren immer präsent, keiner konnte sich zurückziehen, und alle trugen irgendwie Verantwortung für das, was passierte. Spontanen Beifall gab es, als Anna sich gegen einen Peiniger zu wehren versuchte und ihm ins Gesicht spuckte - dann herrschte wieder Stille.

Nach dem Stück gab es die Möglichkeit, in den Klassen mit den Schauspielern über das Thema Mobbing zu sprechen und zu diskutieren. Aber auch unter den Schülern auf dem Pausenhof sorgte die Handlung des Theaterstücks für Gesprächsstoff. "Spannend und auch witzig", fand etwa Luka Skaric die Aufführung. Seine Klassenkameradin Flora Raane hingegen hielt es vor allem für "hart und böse".

"Die fühlen sich wohl toll, wenn sie es einem zeigen können, der schwächer ist", rätselte eine ganze Gruppe Siebtklässler. Sie würden helfen wollen in so einer Situation, beteuerten sie. Vielleicht mit dem Betroffenen zur Polizei gehen oder mit Lehrern und Sozialarbeitern sprechen. Schlimm sei im Stück gewesen, dass auch keiner der Lehrer habe sehen wollen, wie schlecht es Anna ging. "So in der Art gibt es das bei uns nicht", versicherten die Schüler. Sicher gebe es immer mal einen Außenseiter, doch da genüge es in der Regel, diesem einfach aus dem Weg zu gehen.

Sandra Balzhäuser von der Schulsozialarbeit der Bertha-von-Suttner-Schule sagte: "Mobbing kommt natürlich immer mal wieder in ganz unterschiedlichen Formen vor." Doch sei das an der Suttner-Schule eigentlich kein brennendes Thema, und man könne keinesfalls sagen, dass so etwas an der Tagesordnung sei. "Wir arbeiten sehr viel präventiv in diesem Bereich", so die Sozialpädagogin.

In allen fünften und sechsten Klassen gebe es Zeit für "Soziales Lernen". Hier mache man mit den Schülern Übungen zum Sozialverhalten, zu Teamarbeit und fördere gezielt die Klassengemeinschaft. Ebenso seien hier grundsätzlich die Themen "Selbststärkung" und Sozialkompetenz angesagt.

"Wir wollen die Schüler fit machen für den Umgang mit anderen", sagt Sandra Balzhäuser. Auch das Theaterstück sei ein Beitrag zur Gewaltprävention an der Schule, sensibilisiere für das Thema Mobbing und ergänze die bereits bestehenden Angebote.

Bericht: Anette Keim

Quelle: Groß-Gerauer Echo 26.05.2010
echo-online.de