Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Donnerstag, 27.05.2010

"Verdrängen ist kein Weg"

Ehrenamt: Suttner-Schüler erhalten den Förderpreis der Stadt Mörfelden-Walldorf - Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit

Tränen in den Augen standen am Mittwochnachmittag nicht nur Cornelia Rühlig, der Stadthistorikerin und Vorsitzenden der Horváth-Stiftung. Auch der Erste Stadtrat Franz-Rudolf Urhahn (Grüne) zeigte sich tief bewegt: 25 Zwölftklässler der Bertha-von-Suttner-Schule wurden im Rathaus Walldorf mit dem Förderpreis für soziales Ehrenamt ausgezeichnet. Sie gehören zur Schülergruppe "Erinnerungsarbeit" und haben in beeindruckender Weise zur Aufarbeitung der Geschichte des Nationalsozialismus beigetragen.

"Hier passiert mehr als das Rezipieren von Geschichtstexten", pointierte Urhahn, als er das Preisgeld von 2000 Euro übergab. Zuvor hatte Bürgermeister Hans-Peter Becker (SPD) die Vielfalt sozialen Engagements junger Menschen in der Stadt gerühmt. "Ihnen allen gilt unser Dank - seien es die Jugendfeuerwehren, das Jugendforum der Stadt oder die Jugendarbeit der Kirchengemeinden."

Ausgezeichnet: Schüler der Jahrgangsstufe zwölf an der Bertha-von-Suttner-Schule
Mörfelden-Walldorf haben den mit 2000 Euro dotierten städtischen Förderpreis "Soziales
Ehrenamt 2009" erhalten. In den Augen der Jury haben sie sich durch ihre
Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus besondere Verdienste erworben.
Foto: Dagmar Mendel


Die Mitbewerber, die der Feierstunde teils beiwohnten, spendeten dem nachhaltigen Engagement der Schülergruppe "Erinnerungsarbeit" neidlos Applaus. Nicht zuletzt ist die Arbeit der Schülergruppe geprägt vom beispielhaften Zusammenwirken vieler Unterstützer. Lehrer, Stadt und Margit-Horváth-Stiftung sind maßgeblich beteiligt, um mahnend an eine dunkle Zeit deutscher Geschichte und deren Auswirkungen im heutigen Mörfelden-Walldorf zu erinnern. "Viele Fäden laufen bei Cornelia Rühlig zusammen", bezeugte Becker Respekt. Die Schüler bekräftigten dies mit persönlichem Dank und einem Blumenstrauß.

Voller Freude über das Engagement ihrer Schüler zeigte sich Ute Zeller, Rektorin der Bertha-von-Suttner-Schule: "Wenn ich ehemalige Schüler treffe, die jetzt selbst Doktoranden sind, erlebe ich, wie stark die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ihr Demokratieverständnis geprägt hat. Schaue ich unsere engagierten Schüler an, meine ich, wir dürfen zuversichtlich sein für ein freundliches Miteinander in einer hoch technisierten Welt."

Auf dem Podium ließen die Sechzehn- und Siebzehnjährigen Projekte und Kontakte bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus Revue passieren. Da gab es 2009 den Festakt zum fünfjährigen Bestehen der Horváth-Stiftung, bei dem Stéphane Hassel, KZ-Überlebender aus Frankreich, zu Gast war. Seinen Appell: "Ich rechne auf euch!", haben die Schüler nicht vergessen. Tief sind die Eindrücke, die die Schüler beim Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz gewonnen haben: "Es bringt nichts, Geschichte rational zu erforschen. Erst wenn du dort stehst, bekommst du den Hauch einer Ahnung von dem Leid, das Menschen anderen Menschen angetan haben."

Ein Schüler sagte, Auschwitz habe ihn gelehrt, jeden Tag seines Lebens zu schätzen. Auch von den Ausgrabungen des Küchenkellers der KZ-Außenstelle Walldorf berichtete die Gruppe: "Wir arbeiteten mit Gleichaltrigen aus elf Nationen zusammen, was eine großartige Erfahrung in all dem Entsetzen war."

Es wurde zurückgeblickt auf Reisen, teils mit der Schule, teils über die Horváth-Stiftung, die der Geschichtsaufarbeitung dienten. Die Schüler waren in Lyon, um den französischen Widerstand gegen die Nazis zu erforschen, in Vitrolles, wo sie ein Deportationslager besucht und Einblicke in Wehrmachtsdokumente genommen haben, oder in Paris, der Stadt der Liebe, die von den Schrecken der Nazis nicht verschont blieb. Unvergessen sind Treffen mit Zeitzeugen oder deren Enkeln: "Januar 2009 war Adina Lowy aus New York bei uns, um das Gespräch zu suchen über das, was ihre Großmutter in Konzentrationslagern erleiden musste."

Das Fazit, das die Schüler zogen, ist klar und hoffnungsvoll: "Verdrängen ist kein Weg. Erst Auseinandersetzung mit dem Grauen der Vergangenheit befreit zu Toleranz."



Bericht: lot

Quelle: Groß-Gerauer Echo 27.05.2010
echo-online.de