Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Freitag, 30.07.2010

Leidenschaft für Rugby entdeckt

Schüleraustausch: Durch das Parlamentarische Patenschaftsprogramm hat Darya Shams-Azar ein Jahr in den USA verbracht.

"Ich bin ein Mensch, der alles ausprobiert", erklärt die 18 Jahre alte Darya Shams-Azar aus Mörfelden-Walldorf selbstbewusst. "Man weiß vorher ja nie, was einem gefällt." In den USA hat es der Schülerin offenkundig gut gefallen. Ein ganzes Jahr konnte sie dank des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms des Bundestags in Alexandria, einer Stadt nahe Washington D.C., verbringen. Bundestagsabgeordneter Gerold Reichenbach (SPD) als ihr Pate hatte nach Daryas Rückkehr in sein Groß-Gerauer Wahlkreisbüro Im Antsee eingeladen.

Darya Shams-Azar in Gerold Reichenbachs Wahlkreisbüro.
Foto: Dagmar Mendel


Das Patenschaftsprogramm wurde 1983 anlässlich des 300. Jahrestages der ersten deutschen Einwanderung in die Vereinigten Staaten gemeinsam vom Amerikanischen Kongress und dem Deutschen Bundestag beschlossen. Den Schülern werden die Reise- und Programmkosten bezahlt. Im Gegenzug verpflichten sie sich dazu, einen Beitrag zur besseren Verständigung zwischen beiden Ländern zu leisten.

Für Darya Shams-Azar bedeutete das vor allem, viel von zu Hause zu erzählen. "Die amerikanischen Jugendlichen wissen, wie man auf Deutsch ein Bier bestellt und dass man im Süden des Landes Ski fahren kann", berichtet sie. Wo Deutschland auf dem Globus zu finden ist, stellt dagegen viele vor ein Rätsel. Gehört es vielleicht zu Asien?

Dass das Interesse an Deutschland groß, das Wissen darüber jedoch klein sei, bestätigt auch Reichenbach. Denn anders als die Bewohner der kleinflächigen Bundesrepublik verließen US-Bürger ihren riesigen Staat eher selten. Noch weniger bekannt als Deutschland ist ihnen Daryas ursprüngliche Heimat, der Iran. "Die Hälfte fragte zuerst: Ist da nicht Krieg?", berichtet sie. Nachdem die Schülerin die Verwechslung mit Irak aufgeklärt hatte, folgte regelmäßig die Anschlussfrage: Wie es da denn so sei?

"Die Leute sind wahnsinnig aufgeschlossen", beteuert sie. Umgekehrt gab sie sich große Mühe, alle Facetten des amerikanischen Alltagslebens kennen zu lernen. Dazu zählt der vollkommen anders geartete Schulunterricht: Statt eines fest vorgeschriebenen Stundenplans haben die Schüler die Möglichkeit, sich frei in Kurse einzuwählen.

Einerseits sieht Darya das kritisch, denn unangenehme und schwierige Fächer lassen sich so bequem umgehen. "Wenn ich in Deutschland meinen Abschluss habe, weiß ich wenigstens, dass ich etwas kann", findet sie. Andererseits bereiten viele Kurse die Schüler unmittelbar auf das Berufsleben vor.

Darya Shams-Azar nutzte die Gelegenheit, um einen Autopsiekurs zu besuchen, denn ihr Berufsziel ist die Medizin. Besonders spannende Erinnerungen verbindet sie jedoch mit "Criminal Justice", einer Klasse, deren Lehrerin als Ex-Polizistin jede Menge Kontakte in die Welt der Verbrechensbekämpfung hat und sie auch rege nutzte, um ihren Unterricht spannend zu gestalten. Profiler und Gerichtsmediziner waren dort ebenso zu Besuch wie Gefängniswärter und Hundeführer.

Am aufregendsten fand die Schülerin aber den "Ride along", einen Abend mit der Polizei auf Streife. "Normalerweise passiert da nicht viel", schildert sie, "aber bei mir gab es gleich einen Raubüberfall" - natürlich mit anschließender Verfolgungsjagd.

Sogar eine neue Leidenschaft konnte sie in Übersee für sich entdecken. Zwei- bis dreimal die Woche spielte sie im Rugby-Team und wurde zuletzt sogar zum Kapitän der Mannschaft. Entsprechend schwer fiel Darya nach einem Jahr der Abschied. "Ich wollte gar nicht mehr fort", gesteht sie ein.

Für den nächsten Sommer haben sich zahlreiche amerikanische Freunde zu Besuch angekündigt. Nach ihrem Abschluss an der Bertha-von-Suttner-Schule möchte Darya am liebsten zu ihnen zurückkehren.

"Aber das Studium in den USA ist unheimlich teuer", räumt sie ein. Zumal in Übersee die deutschen Freunde fehlen würden. "Wenn man beides kombinieren könnte", träumt sie, "die USA plus meine Familie und Freunde - dann wäre es perfekt."

Weitere Informationen zum Parlamentarischen Patenschaftsprogramm gibt es im Internet: www.bundestag.de.

Bericht: tfk

Quelle: Groß-Gerauer Echo 30.07.2010
echo-online.de