Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Donnerstag, 23.12.2010

"Angelegenheit der Schulgemeinde"

Diskussion im Parlament über Bundeswehrbesuch in BvS - Antrag der DKP abgelehnt

Die Teilnahme der Bundeswehr an einer Ausbildungsbörse in der Bertha-von-Suttner-Schule (wir berichteten) schlug in der letzten Stadtverordnetenversammlung hohe Wellen.

Die DKP/Linke Liste hatte sich in einem Antrag gegen Militärbesuche an Schulen ausgesprochen und forderte die Schulleitung auf, die Bundeswehr künftig nicht mehr einzuladen. Der Antrag wurde im Stadtparlament abgelehnt. Neben der DKP/LL stimmten ihm lediglich einzelne Angeordnete der Grünen zu.

"In Zeiten von hoher Jugendarbeitslosigkeit ist das Tötenlernen eine echte Alternative zu Hartz IV", meinte Erich Schaffner von der DKP/LL. Bestürzt und schockiert habe er den Besuch der Bundeswehr an der Bertha-von-Suttner-Schule registriert, erklärte Gerd Schulmeyer, Fraktionsvorsitzender der DKP/LL. Es könne nicht sein, dass teils 13-jährige Kinder für eine Militärkarriere angeworben würden.

In der Doppelstadt gebe es eine durchaus militärkritische Tradition, und auch die Namensgeberin der Schule verpflichte zu einem kritischen Umgang. Bertha von Suttner setzte sich für den Frieden ein, wurde mit ihrem Roman "Die Waffen nieder!" bekannt und erhielt für ihr Engagement 1905 den Friedensnobelpreis.

Aktuell laufe keine heiße Phase der Militarisierung, die Situation sei eine gänzlich andere als zu Bertha von Suttners Zeiten und alle Einsätze der Bundeswehr durch ein UN-Mandat gedeckt, hielt Klaus Müller (SPD) dagegen. Weiter betonte er den Einsatz der deutschen Armee für den Frieden und deren Engagement in Bürgerkriegsregionen. Der Werbestand der Bundeswehr sei daher unbedenklich und außerdem durch einen Beschluss der Schulkonferenz gedeckt.

Die Teilnahme der Bundeswehr an der Ausbildungsbörse gehe außerdem auf Wünsche von Schülern zurück, stellte Müller klar, um sofort hinterher zu schieben: "Natürlich haben Schüler nicht immer recht". Bei dem Militärbesuch stellte sich Klaus Müller aber ganz auf die Seite der Jugendlichen, die in einem Brief an die DKP bestätigten, dass die Bundeswehr auf Wunsch von Schülern eingeladen wurde.

Der Leistungskurs Politik und Wirtschaft der 13. Jahrgangsstufe berichtet in dem Schreiben von einer differenzierten Nachbetrachtung zur Ausbildungsbörse und spricht sich gegen eine Beeinflussung des Schulablaufs von außen aus.

Siegfried Burghardt (CDU) ging noch einen Schritt weiter und begrüßte den Besuch der Bundeswehr ausdrücklich. Einmischungen in Schulangelegenheiten und Protestaktionen vor Ort verurteilte er. Weiter sei der DKP/LL Antrag eine Unverschämtheit und gehöre zurückgenommen.

Neutraler gab sich die FDP. "Das ist eine Angelegenheit der Schulgemeinde", betonte deren Fraktionsvorsitzender Stoffen Seinsche. Die Entscheidung über Besuche der Bundeswehr hätten daher die zuständigen Gremien der Schule zu treffen.

Einen sensibleren Umgang mit dem Thema hätte sich Gerd Kolb von den Grünen gewünscht. Gleichzeitig wolle er Schulen aber keine Vorschriften machen. Da es bei Teilen der Grünen Zustimmung zu einzelnen Abschnitten des Antrags gab, schlug Gerd Kolb eine geteilte Abstimmung vor. Letztlich sprachen sich drei Grüne gegen jeden Militärbesuch an Schulen aus, nur einer trug die Aufforderung an die Schulleitung mit, die Bundeswehr künftig nicht mehr einzuladen.

Ob die Bundeswehr wirklich nur zum Frieden sichern ausrückt stellte Erich Schaffner am Ende der Debatte in Frage, indem er aus den verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr von 1992 zitierte. Darin werden neben Sicherheitsaspekten auch wirtschaftliche Aspekte ins Feld geführt und von der Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt gesprochen. Die Richtlinien wurden mittlerweile zwar ersetzt, dass ihr Inhalt aber nach wie vor aktuell ist, zeigte jüngst erst Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), als er eine Diskussion über die Verbindung von nationalen Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik anregte.

Bericht: Schwappacher (seb)

Quelle: Freitagsanzeiger vom 16.12.2010