Die Bertha-von-Suttner-Schule im Spiegel der Presse

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Mittwoch, 26.01.2011

Nicht jeder schätzt Neandertaler-Mode

Projektwoche: An der Bertha-von-Suttner-Schule entführt das Mobile Landschaftsmuseum Fünftklässler in die Steinzeit

Funken sprühen, der Zunder qualmt. Ein bisschen pusten, und schon schießt die erste Flamme aus dem Kleinholz hervor. Die Kunst des Feuermachens ist heute zwar kein Wunder mehr, trotzdem ist es faszinierend, was mit Steinen und etwas brennbarem Material angefangen werden kann. Vor mehreren hunderttausend Jahren war das Beherrschen dieser Kunst noch weitaus bedeutsamer, sogar lebenswichtig. Um die Sippe vor der Kälte zu schützen und die erjagten Tiere schmackhaft und haltbar zuzubereiten, mussten die Vorfahren des Homo sapiens in der Lage sein, Feuer zu machen.

Mit dem Thema Steinzeit beschäftigen sich die Schüler der Klassen 5a und 5g bei der Projektwoche an der Bertha-von-Suttner-Schule in Mörfelden-Walldorf intensiv. Angefangen beim Herstellen von Naturfarben bis zum Rekonstruieren von steinzeitlichen Behausungen. Einen besonderen Tag erlebten die rund 50 Fünftklässler am Dienstag mit Holger Rittweger. Der Geograph und Archäologe baute in der Aula sein Mobiles Landschaftsmuseum (Molamu) auf. Knochen von Tieren, Fell, Holz, Bücher, Schautafeln und Utensilien wie Katzengold-Brocken und getrockneten Baumpilz hatte er im Gepäck.

Geschichte zum Anfassen: Feyhan Tunç, Kaenan Gürdal und Niko Kremzer (von links)
betrachten die Knochen von Tieren, die ihre Vorfahren in der Steinzeit gejagt haben.
Foto: Timo Jaworr


Rittweger versammelte auf dem Boden der Aula alles Nötige für ein Steinzeitfeuerzeug und legte los. Das schwefel- und eisenhaltige Katzengold erzeugte beim Aufeinanderschlagen Funken. Die Augen der Schüler wurden groß, als der Abrieb des Baumpilzes, auch Zunderschwamm genannt, auf einmal rauchte. Im Freien entflammte Rittweger damit ein Feuer, um das versammelt die Schüler ihr Frühstück genossen - fast wie ihre Vorfahren, nur ohne zuvor ein Mammut erlegen zu müssen. "Das ist klasse, Geschichte zum Anfassen", meinte Lehrerin Ina Lack, die mit Susanne Gröger das Projekt leitet.

Mit seinem Landschaftsmuseum ist Rittweger seit elf Jahren in ganz Deutschland unterwegs. Die Idee hinter der transportablen Bildungseinrichtung ist ganz simpel. "Wer in den Spuren zu lesen weiß, für den ist jede Landschaft ein Museum", sagt Rittweger. Man müsse nicht in ein Museum gehen, sondern könne Geschichte auch direkt vor der Haustür entdecken.

Einen Schwerpunkt der Arbeit des Molamu bildet die experimentelle Archäologie, vor allem Veranstaltungen zu den Themen Alt-, Mittel- und Jungsteinzeit. Ziel ist es, möglichst authentische Bedingungen zu schaffen, um Urgeschichte greif- und erlebbar zu machen. So durften die Suttner-Schüler nicht nur zuschauen, wie man ohne moderne Hilfsmittel ein Feuer anzündet, sondern es selbst probieren. "Das ist gar nicht so leicht. Viel Übung ist nötig", erklärte Rittweger.

Feuermachen war nicht die einzige Übung, um das Leben in der Steinzeit besser verstehen zu können. Speerwurf und Bogenschießen gehörten ebenso zum Programm wie die Vermittlung von Hintergrundwissen per Steinzeit-Quiz. So erfuhren die Schüler, dass ein ausgewachsener Mammut-Bulle ähnlich wie sein afrikanischer Nachkomme eine Schulterhöhe von 3,80 Metern hat. "Wir haben vorhin aus Holzkohle und etwas Öl Kriegsbemalungsfarbe für unsere Sippe hergestellt", berichtete Feyhan Tunç, dessen Wangen zwei tiefschwarze Striche schmückten. Mit etwas Seife gingen die wieder ab, versicherte er.

Auch eine Modenschau mit Neandertaler-Haute Couture veranstalteten die Fünftklässler. "Die Fell-Klamotten sind aber nicht so komfortabel und jucken ein bisschen", stellte Niko Kremzer fest.

Klassenkamerad Kaenan Gürdal ergänzte aber: "Die Sachen sind sehr warm. Wenn es nochmal so kalt wird wie vor ein paar Wochen, wären die schon praktisch."

Bericht: Timo Jaworr

Quelle:Groß-Gerauer Echo vom 26.1.2011
echo-online.de